(aus dem Gemeindearchiv)
Wie es früher war, vor hundert und zweihundert Jahren, an was hat man gedacht, als es jährlich Ende August in Münchsteinach auf die Kirchweih zuging. Die jungen Leute freuten sich auf das einzige dörfliche Ereignis und das Tanzvergnügen. Die Gemeindeväter hatten andere Sorgen.
Das Ratsprotokoll vom 17.08.1862 sagt, dass über 14 Tage an der Kirchweih, wie früher, von jedem Gemeindemitglied,(gemeint sind Bürger mit Herdstelle) ein Laib Brot gesammelt und unter den Armen verteilt werden soll und den Bettel nicht zu gestatten.
In Münchsteinach, die meisten Bürger hatten eine kleine Landwirtschaft, hielten sich Milch- und Federvieh, ein Schwein sorgte das Jahr über, dass die Küchenreste verwertet werden, das Schorrgärtlein trug auch seinen Teil dazu bei, die Ernährung der Familie war gesichert.
Aber es gab auch arme Zeitgenossen, sogar sehr arme Leute (einzelne Personen), für die die Gemeinde ab und zu ihre Schatulle aufmachen musste, die Gemeinderechnungen von damals haben einiges festgehalten.
Innerhalb der Ratsherren wurde ein Armenpfleger gewählt, mit einen Armenetat ausgestattet, dessen Aufgabe es war, dort wo die Not am größten ist, tätig zu werden. Die Armenpflege-Kosten kann man in all den Jahren von 1800 - 1900 mal mehr, mal weniger, nachvollziehen (Rechnungen vor 1800 sind Mangelware). Sie nahmen zu in den Jahren ab 1836 = 3 Gulden 51 Kreuzer, 1837 6 Gulden 40 Kreuzer. Ab 1876 werden sie in 3 Raten an die Armenpflegekasse ausbezahlt. Es sind gesamt 126,57 Mk. Anno 1880 kommen 333 Mk. zusammen, 1890 sind 320 Mk. fällig.
Neben der Armenbetreuung im Ort, musste die Gemeinde auch noch für Außerörtliches herhalten, z. B. 1831 2 Gulden 12 Kreuzer für eine verarmte Hirtenfamilie in Unternesselbach, weitere 1 Gulden 47 ½ Kreuzer für Irrenhaus Regiekostenbeitrag, 1832 ebenso ans Irrenhaus. 1833/34 43 ½ Kreuzer Kurkosten für eine verarmte Person in Pahres.
Ab 1866 bis 1870 liest man jährlich von Verstreichung armer, elternloser Kinder, die in Kost und Wohnung für ein Jahr zu nehmen sind, die Wenigstnehmenden bekamen den Zuschlag. Ein Beispiel, wie es im Gemeindeprotokoll niedergeschrieben ist.
Münchsteinach, den 7. April 1866
Bei versammelter Gemeinde wurde am Heutigen, die 11 jährige, elternlose Gertraud K. an den Wenigstnehmenden in Kost und Pflege überlassen und zwar unter folgenden Bedingungen: Hat der Übernehmer sie mit Kost und Pflege, ein Jahr lang zu versehen. Wird der jährliche Betrag des Verpflegungsgeldes auf Verlangen in 2 Raten von der Armenpflege ausbezahlt. Die Kleidung besorgt der Armenpfleger. Hat der Übernehmer sie zu Arbeiten, welche dieselbe zu leisten vermag, anzuhalten, religiös sittlich zu erziehen und sie fleißig zur Schule und Kirche zu schicken. Der jährliche Betrag des Verpflegungsgeldes ist 9 Gulden. Übernehmer Heinrich H. Eigner Vorsteher Schlag Deputierter Stubner Deputierter Beierlein Deputierter.
Ähnliche Beispiele sind noch unter Juli 1868/Juli 1869 und Juli 1870 festgehalten.
Juli 1968
Bei der heutigen Gemeindeversammlung, welche der Vorsteher behuts der Verstreichung der beiden unehelichen, hinterlassenen Kinder der im Juli verstorbenen Barbara I. auf ein Jahr in Kost und Verpflegung an den Wenigstnehmenden, anberaumen ließ, wurden dieselben verstrichen, wie folgte: Das neugeborene Kind wurde gestrichen von Georg H. für die jährliche Summe von 49 Gulden, welche in monatlichen Raten bezahlt werden sollen.
Die Gemeindeverwaltung stellt die Bedingung, dass das Kind gewissenhaft verpflegt und versorgt wird. Für die nötige Kleidung sorgt vorläufig die Gemeindeverwaltung. Unterschrift Barbara Hufnagel
Der große Knabe, 10 Jahre alt, wurde von dem Gemeindehirten Heinrich Hertlein auf ein Jahr für die Summe von 18 Gulden gestrichen. Dabei hat der Streicher außer Kost und Verpflegung, die Wäsche und das Flicken der Kleider noch zu besorgen. Das Verpflegungsgeld wird ebenfalls in m o n a t l i c h e n R a t e n e n t r i c h t e t . Unterschrift Heinrich Hertlein
Ein Jahr später stand die Verstreichung des Johann I. im Juli 1869 ebenfalls wieder an. Dieses Mal übernahm ihn sein Vormund und Ökonom Georg Kröller, für 25 Gulden im Jahr. Im Juli 1870 auch wieder sein Vormund Georg Kröller. Jetzt ist der Zögling schon 12 Jahre alt und schon groß genug Tätigkeiten im Haus und Hof zu verrichten. Georg Kröller musste jetzt 3 Gulden und 5 Kreuzer bezahlen, anstatt 25 Gulden vor einem Jahr einnehmen.
Auch tageweise, oder mehrere Tage an einem Stück, arme Erwachsene in Kost zu nehmen, war die Norm zu dieser Zeit. Im hinterlassenen Tagebuch des vorerwähnten Georg Kröller, ist mehrmals „von in Kost gehabten armen Bürgern zu lesen.“
Am 4.02.1890 beschließt der Armenpflegschaftsrat, unter Kgl.Pf. Eppelein, wörtlich: Wegen Weigerung eines hiesigen Bewohners, wurde vom Gemeindeausschuss einstimmig beschlossen: „Es ist die am 18. November 1882 beschlossene turnusmäßige Verköstigung der hiesigen Armen, aufrecht zu erhalten.“
Grund zu diesen Beschluss, war eine vorausgegangene Weigerung eines Bauern der den Armenzögling 6 Tage in Kost nehmen sollte, ihn aber nach 5 Tagen wieder vom Hof schickte. Bgm. Flory war genötigt, den Zögling einen Tag bei Gastwirt Wagner zu beherbergen. Wofür G.W. Wagner eine Mark Kostgeld bei der Armenpflegekasse geltend machte, was die Gemeinde beim Kgl. Bezirksamt vorstellig werden ließ, die eingebüßte Mark beim Säumigen wieder einzutreiben, um keine Nachahmung aufkommen zu lassen und die turnusmäßige Herumreichung der Bedürftigen nicht zu boykottieren.
Der Armenpflegschaftsrat Münchsteinach, den 28. Januar 1890 Auch bei armen Verstorbenen musste die Gemeinde mit unter in ihre Kasse greifen. Öfters kann man von verstorbenen Armen lesen, die der Gemeinde zur Last gefallen sind.
Ein Beispiel von einer Gemeinderechnung aus 1833/34, wo sich der Rechnungsführer die Mühe gemacht hat, die Ausgaben detailliert niederzuschreiben.
1 Gulden für den Wundarzt aus Diespeck den Totenschein der Dönin auszustellen, 1 Gulden dem Heinrich Schaller für die verstorbene Dönin, den Sarg zu machen, 1 Gulden 15 Kreuzer für 3 Bretter zu der Dönin ihren Sarg, 1 Gulden 15 Kreuzer den Herbolsheimer der Dönin ihr Grab zu machen, 15 Kreuzer dem Kaspar Köstner als Botenlohn, den Wundarzt zur Totenansicht der Dönin zu holen. 1 Gulden der Totenfrau Kitzmann für die Dönin auf Bett zu legen. 30 Kreuzer Begräbnisgebühren bei Schullehrer für Dönin bezahlt. Gesamtausgaben: 6 Gulden 15 Kreuzer, für eine Armenbeerdigung, bei gemeindlichen Jahreseinnahmen von 118 Gulden 25 Kreuzer.
Das Sterben hat damals schon, wie heute, die Konten belastet. Auch die Pfarrer und Kirchenräte haben einiges von ihren Sorgen der letzten 200 Jahre in ihren Protokollen hinterlassen.